
Die Großen in Friedersdorf
2. Juni 2025Es war ein Fest. Ein Fest des Kanusports, ein Fest der Jugend im Verein, ein Fest des Paddelns, der Anstrengung, des Miteinander, des Lernens von- und miteinander. Das Himmelfahrtstrainingslager ist immer schon etwas besonderes gewesen, aber dieses Jahr haben wir es auf ein neues Niveau gehoben. Alle miteinander: Trainer, Eltern, Küchencrew und Sportler aus nah und fern, jung und alt, haben wir etwas spezielles erleben dürfen. Alle Jahre wieder nehmen mehr junge hoffnungsvolle Kanuten den Weg zum ESV Lok RAW Cottbus (einer der coolsten Vereinsnamen weit und breit) auf sich, um auf den ruhigen Schleifen der Spree viele Kilometer zu paddeln. Auch diesmal hieß es wieder: Soviele waren wir noch nie.
Drei große Bootshänger mit Kajaks, Canadiern und Wanderbooten zogen wir von Dresden nach Cottbus. Wobei die K4 wohlweißlich zu Hause blieben: Erfahrung macht klug. Die Zeltwiese war wie jedes Jahr fett grün und die Heringe gingen in den Boden wie das sprichwörtliche heiße Messer in die Butter. Also war alles bereit für die tollen Tage.
Man könnte sich fragen, womit das Trainingslager richtig beginnt: Mit dem Essen oder mit der Erwärmung. Ein typisches Henne-Ei-Problem, denn ohne das eine nicht das andere. Auf alle Fälle ist die gemeinsame Erwärmung (alle Sportler, alle Trainer) jeden Morgen um 8:45 genauso eine schöne Tradition wie die fünf Schlemmermahlzeiten pro Tag. Die werden auch benötigt bei vier Trainingseinheiten pro Tag (Paddeln oder Kraft oder Lauf oder Spiel oder alles kombiniert) plus besagte Erwärmung und der Dehnungs- oder Lockerungsgymnastik am Abend.
Was macht man also als junger und dynamischer Kanute mit und ohne Ambitionen in so einem Trainingslager? Man kann z.B. das neue Paddel ausprobieren oder sich an das neue (wackligere? schnellere!) Boot gewöhnen. Man kann Kajak- oder Canadierfahren erlernen. Man kann mit Leuten, mit denen man schon oft oder noch nie gepaddelt ist, Zweier und Vierer fahren. Man gewöhnt sich an neue Bootspartner oder perfektioniert das Zusammenspiel von alten Kombinationen. Die Trainer achten besonders auf die Paddeltechnik ihrer Sportler, geben Tips, fordern, fördern, trösten, feuern an, bremsen, grinsen, lassen sich anlachen und achten auf die gute Laune. Der Park wird kreuz und quer abgelaufen, Hunde erschreckt und Geschwindigkeitsrekorde werden gebrochen. Wir verbiegen die Stangen im Kraftraum, ziehen das Kinn zur Klimmzugstange, beugen die Arme beim Beugestütz, beugen die Kniebeuge, rumpfen rum, achten auf die Körperspannung und das Gleichgewicht. Aber vor allem wird gepaddelt, gepaddelt, gepaddelt: bis zum Wehr und zurück zum anderen Wehr. Wir rutschen elegant und effizient im GA über das Wasser, powern im GA2 atemlos die Strecken runter und fühlen uns schnell im Sprint über 20 Schläge (sogar mit Bremse).
Und dann kommt nach zwei Tagen der Mann mit dem Hammer und wir brauchen eine Pause. Da kommt der Sonnabend Nachmittag genau richtig und der Orientierungslauf. Dieses Jahr waren die Stationen wie folgt: An der ersten Station musste man erst die aus dem Training bekannten Hütchen vom Rasenfeld einsammeln und dann damit einen möglichst hohen Turm bauen, der mindestens so lange sicher steht, bis Schiedsrichter Rico die Höhe mit seinem Zollstock (Gliedermaßstab) messen kann. Sofort geht es weiter, immerhin wird die Gesamtzeit gestoppt, zur Station mit Chris, der unterschiedlich schwere Medizinbälle vorhält, mit denen man gezielt auf Felder unterschiedlicher Punktzahl schockend treffen muss. Es ist eine intellektuelle Herausforderung, die optimale Kombination aus Ballgewicht und Zielgenauigkeit zu finden. Weitere schwere Entscheidungen sind bei der nächsten Station (Birgit) zu treffen. Entweder soll ein (deutsches) Volkslied gesungen werden oder die Treppe der Fußgängerbrücke zum Stadion vom FC Energie erklommen werden. Fast schon außer Atem geht es weiter zu Marcel, der fordert, dass man auf einem Bein stehend seinen Schuh und seinen Socken aus- und wieder anzieht. Und dann das gleich nochmal auf dem anderen Bein. Daneben, kurze Wege, warten schon Ulli und Mado mit ihrem improvisierten Hinderniskreis, der gerollt und geklettert werden will. Hinter der Bootshalle steht dann Jan, der den typischen Zustand aller Boote vor wichtigen Rennen hergestellt hat: Es fehlen wichtige Einbauten, Sitze, Stemmbretter und Schrauben, die möglichst schnell gefunden und eingebaut werden sollen. Dann noch schnell zu Mila, die fordert, dass man mit Sitzkissen aus großer Entfernung in die Luke von ein paar Kajaks wirft. Einfach! Oder doch nicht? Zum Schluss wird es noch einmal schwierig, weil Volker den Sportlern einen ollen C1 gibt, der mit Geschick und Kraft durch einen Hindernisparcour manövriert werden will.
Die Team-2000m (Die Zeit des langsamsten Sportlers wird gestoppt. Man sollte sich also vorher überlegen, wer mit wem im Zweier fährt und wer im Einer ran muss. Es darf gegenseitig gezogen, geschoben, geholfen und angefeuert werden) und die große Staffel rundeten das Geschehen ab.
Und weil soviel Sport Lust auf mehr macht, wollten nach all dem Trubel auf einmal die Kajaks im Canadier fahren oder die Canadier in Kajaks. Man erfindet die unglaublichsten Kombinationen von sitzend im K1 mit Stechpaddel über kniend im K1 mit Kajakpaddel hin zu Paddeln auf der falschen Seite oder mit der falschen Drehung. Sollte irgendwo mal die Elektrizität ausfallen: einfach ein Trainingslager der Kanuten anzapfen, da ist immer genug Energie da.
Die Anstrengung der Sportler war wieder spektakulär. Nach Trainingseinheiten blieben so einige Athleten auf dem Steg vor Erschöpfung liegen oder sitzen. Es wurde angefeuert, sich gegenseitig Mut und Kraft zugesprochen und auch in schwersten Minuten die gute Laune nicht vergessen. In den Pausen konnte man gut noch Disk-Golf spielen, so tun als ob man Angeln kann, jemanden zum Wikingerschach herausfordern, Tischtennis spielen, Hausaufgaben machen oder mit dem Trainer die Technik per Videoaufnahme analysieren und auswerten. Kaum zu glauben, was alles so in einen Tag passen kann, wenn man sich bei der Struktur etwas Mühe gibt. Immerhin brannte auch jeden Abend ein Lagerfeuer.
Wir bedanken uns beim gastgebenden Verein ESV Lok RAW Cottbus für die Gastfreundschaft, die Leihboote und eine tolle Atmosphäre. Wir bedanken uns bei unseren Eltern für wertvolle Transportdienste von und nach Cottbus und Kuchen und natürlich besonders bei der besten Küchencrew der Welt für dahingezauberte Köstlichkeiten. Wir zahlen es immer mit großem Hunger zurück.
Bald hat uns die Elbe wieder (Hurra!) und dann auch wieder die Seen dieser Welt für die Landesmeisterschaft und die Ostdeutsche Meisterschaft. Bis dahin: Sport freu!