Paddeln und diese Disziplin mit den Beinen
29. September 2024Aufladen der Boote in Dresden am Freitag bei Dauerregen, die Elbe steigt und steigt. Bevor es auf die diesjährige Herbstausfahrt vom 13. bis 15. September geht, heißt es noch schnell den Anlaufsteg abbauen. Unsere Regentaufe haben wir also schon mal weg. Wir beziehen am frühen Abend Domizil in der Jugendherberge am Köthener See und zum Glück gibt es noch freie Schlafplätze im Haus. Drei Camper trotzen in ihren Zelten dem anhaltenden nächtlichen Regen. Im Aufenthaltsraum lassen wir den Abend bei herzhaftem Gelächter in der Spielerunde ausklingen.
Sonnabendfrüh starten wir ohne Hast am Köthener See zur Fahrt in den Unteren Spreewald bei wolkenverhangenem Himmel und kräfigem Wind. Doch das schreckt uns 14 Wandersportler in ihren elf Booten nicht. Zur Gewöhnung an Wind und Wellen geht’s erst einmal rund um den See – Idylle pur. Kein Boot auf dem Wasser, dafür sind zahlreiche Wasservögel unterwegs. Unsere Feststellung: Ein Ornithologe in unserer Truppe würde unseren Wissensstand über die gefiederten Begleiter erheblich erweitern. Dann geht es in den Dahme Umflutkanal. Hier kommt das typische Spreewaldfeeling auf – wie durch einen grünen Tunnel gleiten wir den Kanal entlang zur →Doppelschleuse in Leipsch→Hauptspree→Puhlstrom→Langes Horstfließ→Wasserburger Spree→Randkanal zurück zum Köthener See. Die Sonne bricht sich durch die Wolken ihre Bahn. Es herrscht Stille und wohltuende Einsamkeit. Nur ein vorwitziger Eisvogel begleitet uns. Die Tour geht durch drei Schleusen. Mattes, der Jüngste unter uns, übernimmt mit Spaß und Geschick das Hebelumlegen, Stahltür auf, Stahltür zu. In Groß Wasserburg kehren wir schließlich in den „Unterspreewald“ ein. Eine urige Gaststätte, die von Wolfgang Müller in der vierten Generation geführt wird. Sportfreund Kai, der unser Wochenende zusammen mit Beate organisierte, kennt ihn gut. Und so genießen wir im Biergarten unter alten Apfelbäumen Kaffee, Kuchen, Spreewaldgerichte. Für das letzte Stück über den Köthener See heißt es noch einmal gegen den Wind ankämpfen. Nach rund 18 Kilometern ist es geschafft.
Nach Ankunft beginnt ein Höhepunkt der Tour: Wir taufen das neue Wanderkajak, das Ilse den Tag gut durchs Wasser hat ziehen lassen. Mit dem Taufspruch „Posta, Posta, grün‘ wie’n Frosch, auf dem Wasser immer forsch“ ist der neue Wander-Einer namens „Posta“ (Posta seit 1922 ein rechtselbischer Stadtteil von Pirna) in die „Vereinsbootsfamilie“ aufgenommen. Mit Sekt und Spreewälder Gurkenschnaps wird das Boot begossen und unsere trockenen Kehlen durchgespült. Den schönen warmen Spätsommerabend lassen wir am Lagerfeuer ausklingen.
Da uns die Sonne auch am Sonntag begrüßt, genießen einige von uns ein kühles mogendliches Bad im Köthener See. Dann geht’s aber auch schon los. Bei mäßigem Wind überqueren wir den See diesmal zügig, bevor wir wieder in die Spreewaldkanäle eintauchen. Diesmal geht es wieder nach Groß Wasserburg → wieder durch den Puhlstrom doch dann geht es weiter → Zerniasfließ→ Schiwastrom und schließlich zurück zum Köthner See. Die Sonne malt durch das Blätterwerk Bilder aufs Wasser und der muntere Eisvogel von gestern ist auch wieder da. Gemütlich ziehen wir unsere Bahn durch die Kanäle. Die Tour vom ersten Tag erweitern wir bis zur Schleuse am Zerniafließ vor Schlepzig. Hier picknicken wir auf der Wiese. Dann geht‘s wieder zurück. Wir genießen die Ruhe. An den zwei Tagen sind uns vielleicht insgesamt zehn Paddler begegnet. Es fühlt sich an, als hätten wir den Unteren Spreewald für uns allein. Nach rund 21 Kilometern landen wir an der Jugendherberge an. Nun heißt es schnell aufladen, der Regen hat begonnen. Auch in Dresden beim Abladen endet die Fahrt wie sie begonnen hat – bei Dauerregen. Die Elbe ist bedrohlich angestiegen, der restliche Steg ist den Hang „hochgekrochen“ und steht kurz vor dem Elberandweg – Hochwasserzeit. Der Zauberwald der vergangenen zwei Tage scheint fast unwirklich, ein Glück, dass es kein Traum war.
Text: Lea Mock